FLT*-Räume sind Räume, die den Zugang nur für Frauen, Lesben und Trans*leute öffnen und die durch diese Zugangsbeschränkung einen geschützten/geschützteren Raum sicherstellen wollen. Innerhalb dieses Schutzes ist es unter Umständen einfacher, (womit auch immer, seid kreativ!) aktiv zu werden, ohne dass da Leute sind, die „das alles schon gemacht haben und deshalb wissen wie es geht und es dir mal eben zeigen“. FLT*-Räume sind sinnvoll, so lange sie von den Menschen, die auf sie angewiesen sind, als sinnvoll erachtet werden. Punkt.
Mein eigenes Verhältnis zu FLT*-Räumen ist ein sehr zwiespältiges. Einerseits freue ich mich über jeden neuen Raum, der bestimmten Leuten Schutz bieten kann. Ich empfinde FLT*-Veranstaltungen nicht als Beschränkung, sondern als erfreuliches Zusatzangebot (diejenigen, die sich darüber ärgern, dass sie nicht teilnehmen dürfen, können ja die anderen 47 parallel stattfindenden Parties besuchen und nein – hierbei handelt es sich nicht um Sexismus). Andererseits bin ich so gut wie nie in FLT*-Räumen oder auf -Veranstaltungen.
(In diesem Absatz habe ich es mir erlaubt, an einer Stelle etwas zu übertreiben.)
Einige Gründe meiner chronischen Abwesenheit möchte ich hier diskutieren. Ich freue mich, wenn der Text hilfreich bei der Positionierung neuer FLT*-Räume ist und ich freue mich über einen produktiven Austausch zu meinem Post.
Mein etwas unglückliches Verhältnis zu FLT*-Veranstaltungen beschreibe ich am besten anhand eines Vorfalls von vor ein paar Monaten.
Eine FLT*-Gruppe mit Freundinnen-Content hatte eine Party organisiert und mein eines Beziehungsdrittel und ich hatten beschlossen hinzugehen, obwohl wir beide mit dem FLT*-Konzept nicht auf so freundschaftlichem Fuß stehen. Die Party war um die Ecke, sie war nett, es gab leckere (vegane) Cocktails und ein schönes und lustiges Programm. Ich hab mich mit Präsenz auf der Party zurückgehalten, war sowieso relativ müde und bin dann auch früh wieder gegangen.
Besagte Freundin und Orga-Gruppenmitglied hat mir nach der Party gesagt, dass sich Anwesende beschwert hätten aufgrund der maskulinen Präsenz auf der Party.
Okay.
Der durch die Markierung „FLT*“ geschützte Raum hat sich im Nachhinein als ein Raum entpuppt, der nur für einige der Anwesenden ein sicherer war. Während einige Besuchenden dachten, sie seien bei FLT* ‚unter sich‘ („aber es geht doch um Frauen!“), mussten sie feststellen, dass sich in dem Raum nicht erwünschte bzw. erwartete Menschen befanden. Diese wiederum hatten vielleicht das Gefühl, mit gemeint zu sein, waren es aber für einen Teil der Anwesenden offensichtlich nicht. Ich persönlich hatte mich unter die Zielgruppe gezählt („da steht doch T*!“), habe danach aber erfahren, dass ich offensichtlich störend aufgefallen bin.
Meine Lust, zu FLT*-beschränkten Veranstaltungen zu gehen, hat sich seitdem noch stärker in Grenzen gehalten. Allerdings hatte ich Futter für diesen Blogpost.
Ich glaube nicht, dass das Problem im Format FLT* selbst liegt. Okay – ich persönlich halte nicht so viel von identitätsbasierter Politarbeit und versuche, meine Projekte anders zu gestalten. Ich bewege mich aber immer wieder in über Identität definierten Räumen oder an deren Rändern und profitiere ja auch davon. (Aber das mit den Identitäten ist ein anderer Text, der an einem anderen Tag geschrieben werden soll.)
Ich habe schon Definitionen von FLT*-Räumen gelesen, die sich für mich sehr schlüssig, umsichtig und der eigenen Ausschlüsse bewusst anhörten. Das ist allerdings ein Stück Arbeit. Die nicht weiter erklärte Bezeichnung allein mit FLT* reicht – siehe Beispiel – nicht aus.
FLT* hat sich als Markierung so sehr verbreitet, dass wahrscheinlich häufig die Abkürzung für (selbst)verständlich genommen wird, ihr Inhalt aber gar nicht mehr so genau definiert wird. Die Marker F/L/T* umfassen ein riesiges Spektrum an Identitäten und Genderperformances, die nicht einfach von den einzelnen Buchstaben wiedergegeben werden. Die von FLT* angesprochenen Personen gehören verschiedenen Subkulturen an und handeln unter Umständen entsprechend sehr unterschiedlicher subkultureller Codes, die nicht unbedingt von allen gekannt werden. Das Nicht-Kennen oder Nicht-Erkennen solcher Subkulturen und Codes schließt immer auch die Veranstaltenden selbst mit ein.
Dazu kommt die Problematik, bestimmte Gruppen auszuschließen (bei FLT* betrifft das Männer und das T* in der Abkürzung spricht eigentlich dafür, dass nur Cis-Männer gemeint sind; es bleibt ungenau), und diesen identitären und/oder biologisch begründeten Ausschluss mit einem Verhaltenskodex zu verknüpfen. (Da lande ich schon wieder bei der Identitätspolitik, siehe oben.)
Schließlich bleibt das unerwünschte Verhalten selbst häufig schwammig – was genau verstehen die Veranstaltenden beispielsweise unter „Sexismus“ oder „Mackertum“? Solche Begriffe tauchen bei Ankündigungstexten als Schlagwörter auf, von denen alle denken, sie wüssten, was sich dahinter verbirgt.
Ich weiß, hier werde ich sehr genau, ich spreche selbst häufig genug undefiniert über Sexismus oder Mackertum. Aber in diesem Fall geht es um Raumgestaltungen und -definitionen aufgrund von Gender und Verhaltensweisen, bei denen die Vorstellungen, die hinter den definierenden Wörtern stecken, ungenau bleiben. Das mündet in Bezug auf die oben erzählte Geschichte in der Frage: Was ist denn maskuline Präsenz?
Die Sicherheit, die von FLT*-Veranstaltungen für die Besuchenden geboten wird, orientiert sich meines Erachtens also nicht an den Buchstaben, sondern daran, mit welchem Wissen, mit welchen Intentionen und mit welcher Transparenz von der Orga-Gruppe mit dieser Bezeichnung umgegangen wird.
Stellen sich die Organisierenden von FLT*-Räumen die möglichen verschiedenen Performances und Identitäten vor, die sich unter dem Label angesprochen fühlen könnten? Haben sie ein ausreichendes Wissen zu feministischen, lesbischen, trans* und queeren Subkulturen und deren Performances von Maskulinität und Femininität, um einen Raum zu schaffen, der für (wenn nicht alle, dann) viele dieser Leute offen ist? Denken sie dabei auch die Anforderungen mit, die ein Raum bieten muss, um beispielsweise FLT* of Color oder mit Behinderung willkommen zu heißen?
Um das ganze zu verkomplizieren: Das muss ja gar nicht sein. Jede Gruppe, die einfach platt Männer/Männlichkeit ausschließen möchte, soll das bitte tun. Ich wünsche mir allerdings von Organisierenden, dass die Gruppenpolitik transparent gemacht wird und Zugangsbeschränkungen ausformuliert werden. Und zwar so, dass nicht nur die Orga-Gruppe weiß, wer zur Zielgruppe gehört, sondern dass auch die Zielgruppe darüber informiert wird, wer möglicherweise auf der Veranstaltung auftaucht und wer nicht willkommen ist. Leute, die wissen, unter welchen Umständen sie nicht willkommen sind oder wieder einmal nicht mitgedacht wurden, können das an solchen Erklärungen ebenfalls erkennen und sich daraufhin ein weiteres frustrierendes Veranstaltungserlebnis sparen.
Ganz offensichtlich müssen die Erklärungen von Räumen genauer sein als „FLT*“, denn „FLT*“ reicht als Sicherheit schaffende erklärende Beschreibung nicht aus. (Mein T* war ganz offensichtlich nicht das T* einiger anderer.) Zugangsbeschränkte Räume brauchen in meinen Augen genauere Erklärungen, wer aus welchen Gründen erwünscht ist und rein darf und wer aus anderen Gründen draußen bleiben soll.
Produkt solcher genau offen gelegten Selbstpositionierungen und Festlegungen ist ein Raum, in dem zumindest zum Teil ehrliche Ein- und Ausschlüsse transparent gemacht werden. (Zum Teil, weil ich davon ausgehe, dass eine Orga-Gruppe immer wieder Themen vernachlässigen, nicht wahrnehmen oder für unwichtig halten wird.) Räume, aus denen konsequent ausgeschlossen werden soll, funktionieren nicht mehr mit Ausnahmen, „weil das ein Freund ist und wir wissen, dass er fit ist“ oder Problemausklammerungen, „weil die Leute eh noch nie gekommen sind und das Problem deshalb kein aktuelles ist“. Wer Räume schaffen möchte, die ausschließen, muss in Konfrontation gehen und möglicherweise Freund_innen und Bekannte draußen stehen lassen.
Im Zweifelsfall wird den Raumbesuchenden eine böse Überraschung und den eigentlich nicht Erwünschten eine verletzende Erfahrung erspart.
Zum Weiterlesen
Während des Schreibens bin ich auf zwei Texte gestoßen, die mich inspiriert haben. Ich stimme mit ihnen zwar nicht gänzlich überein (dann hätte ich auch nichts schreiben müssen), möchte sie hier aber dringend empfehlen:
Lena Schimmel schreibt auf ihrem Blog sehr persönlich über Frauenräume und Safe Spaces aus Trans*frauensicht.
Und eine sehr ausführliche Auseinandersetzung aus linker trans*männlicher Sicht mit dem Ausschluss von Trans*frauen aus zugangsbeschränkten Räumen findet sich bei autotrans* & w.i.r.
Zum Organisieren
Ganz besonders ans Herz legen möchte ich euch schließlich noch die Broschüre „Frauenräume und die Diskussion um Trans*-Offenheit„, die GLADT herausgegeben hat. Der Text ist super, insbesondere, wenn ihr vorhabt, selbst eine zugangsbeschränkte Veranstaltung zu organisieren oder wenn ihr in einer Gruppe seid oder eine gründen wollt.